Mit dem Duo FERRIS & SYLVESTER und ihrem zweiten Album „Otherness“ erreicht mich eine Platte, mit der ich mich mittlerweile schon ein paar Wochen beschäftige. Zunächst fand ich keinen so rechten Zugang zu den Songs, was sich aber nach und nach änderte. Ich fragte mich desöfteren, welche Art von Musik ich da eigentlich höre? Ist es Folk? Oder doch eher Rock, gar Psychedelic? Nun, die Antwort liegt irgendwo im Widerspruch, ganz so wie es das Cover-Artwork mit der Urlaubs-Idylle im Vordergrund und der Hölle von Waldbränden im Hintergrund. Hatten wir das nicht erst letztes Jahr auf der griechischen Insel Rhodos und Portugal? Also sind Widersprüche im Leben UND in der Musik durchaus realistisch. Das Ehepaar aus London schreibt auch gute Texte, aber das nur nebenbei.
Doch nun zur Musik und den vierzehn Songs auf „Otherness“. Was sofort auffällt ist die großartige Stimme der Sängerin Issi Ferris, die beim Opener „Dark Side“ zunächst für harmonische Gefühle sorgt…Bis diese verzerrrte Gitarre ihres Gatten Archie Sylvester einsetzt, die den Hörer schnurstracks in die psychedelische Welt der 60er/70er Jahre „schrammelt“. Ja, auch „Imposter“ darf dann in diese Zwischenwelt aus Düsternis und Harmonie mit härteren Rock-Vibes eingeordnet werden. Beginnt dann ein augenzwinkerndes Lied wie „Don`t Fall In Love With Me“ zunächst wie ein Folk-Pop-Song, entwickelt es sich trotz mehrstimmiger Harmonie-Gesängen und Chören dank dieser außergewöhnlichen Instrumentierung zum Zwitter aus Moderne und Psychedelic-Tradition. Seit ich mich zu dieser häufig wiederkehrende Stilistik bei FERRIS & SYLVESTER eingegroovt habe, was wie gesagt etwas Zeit in Anspruch genommen hat, finde ich diese Scheibe dann auch richtig gut und vor allen Dingen empfehlenswert. Auch beim berührenden „Mother“ (siehe Video), bei dem in den Lyrics ein Kind ihre Mutter auffordert, sie endlich aus der „Hölle“ zu befreien und ihren offenbar gewalttätigen Vater zu verlassen. Puh, harter Stoff. Andere Lieder kommen dagegen federleicht daher, so wie z.B. das poppige und ruhigere „Paper Plane“. „End Of The World“ besticht dann durch Streicher und einer Atmosphäre wie bei einem James Bond-Score. Eine Portion Blues dann bei „Rain“, bei dem es allerdings auch in Gospel-Gefilde geht. Der Gitarrist kann auch die Slide-Guitar, wie er etwa bei „Out Of It“ eindrucksvoll beweist. Und bei „What`s It Gonna Take“, einem schwermütigen Duett mit Dark Country-Touch wechseln sich beide beim Lead-Gesang ab. Ihr seht schon, es gibt sehr viel zu entdecken bei dieser außergewöhnlichen Band, die live als Quintett agiert. Mitte März übrigens auch für drei Termine (Köln, Hamburg, Berlin) bei uns!