Die letzten 10 Jahre oder mehr waren bei der US-Metal Institution Steel Prophet nicht sehr erfolgreich. Sängerwechsel und Alben nur alle paar Jahre ohne ausgedehnte Konzertreisen, so wie eher zwiespältig von Fans und Presse aufgenommene Studioalben sorgte nicht gerade für Erfolg. Mit neuem Sänger und Produzenten Roberto Dimitri Liapakis genannt Lia (auch bekannt von Mystic Prophecy) wollen die Amerikaner das Ruder herumreißen und haben auch am Sound und an der Musik notwendige Änderungen vorgenommen. Als Fan beider Formationen war es mir eine Freude mit dem bayerischen Griechen zu telefonieren. Das wurden fast 50 sehr interessante Minuten.
Lia, dich kennt man vor allen Dingen durch Mystic Prophecy und auch durch Devil’s Train, jetzt hat mich das schon gewundert, dass du noch Sänger von Steel Prophet geworden bist. Wie kam es dazu?
Ich kann auch mit dir eine Band machen, wenn du was Geiles hast (beide lachen). Ich bin ziemlich ein familiärer Mensch, bin mit meiner Band gerne auf Tour und auf Festivals. Die Freizeit gehört meiner Familie, meine ganz große Liebe neben der Familie ist die Musik. Ich mache es aus Überzeugung und das ist eine Einstellung. Bald werde ich 50 und ich habe mit dieser Musik mit sechs Jahren angefangen, das sind schon ein paar Jahre. Das war schon immer meine Leidenschaft.
Du bist ja auch mit Mystic Prophecy beim Label ROAR, hat das Label dich und die Band zusammen gebracht?
Auch ein bisschen, ich habe mit Steel Prophet die Songs gemacht, also mit Gitarrist Steve und danach sind wir zum „Einkaufen“ gegangen. Wir haben gute Angebote von anderen Labels gehabt, aber ROAR sind ein junges Label, was genauso viel Gas gibt wie ein großes. Mir ist es nie darum gegangen bei einem großen Namen zu unterschreiben. Da war ich auch schon, da läuft es nicht viel anders. Die haben alle den gleichen Vertrieb. Die haben alle die gleichen Möglichkeiten. Das ist nicht mehr so wichtig wie von 10-15 Jahren. Jetzt gehen die Leute z.B. bei I-Tunes oder Amazon rein. Ob du mir jetzt eine fünf oder drei verpasst hast, wenn es den Leuten gefällt kaufen sie es! Man muss halt vermarktet werden von seinem Label, ich bin lieber Top 5 bei einem Label von 20 Bands, als Nr. 498 bei einem großen Label. Jeder denkt wenn er ein großes Label auf seiner CD stehen hat läuft alles super. Das funktioniert nicht mehr! Seit 5-6 Jahren ist das so. Die Leute suchen sich das bei You Tube und schauen was einem gefällt.
Ich muss schon zugeben, dass euer griechisches Label in den letzten Monaten ein paar wirklich coole Scheiben gemacht hat. Da sind sehr gute Sachen dabei und kein Mist.
Ja, die setzen auf Qualität und nicht Quantität. Nicht nach dem Motto gib uns 20 Bands, die werden uns schon bei I-Tunes was einspielen. Da muss ich den Chef schon loben der ist auch ein ganz alter Metalfan. Der will nur Bands die auch live spielen und keine Studiobands oder so Projekte. Die haben da super Sachen wie Ashes Of Ares mit Matt Barlow, oder Freternia aus Schweden. Die haben da schon Ahnung. Nicht, wenn eine von 30 funktioniert ist es gut. Momentan ist es so, dass du auch 500 Schrottbands im Roster haben kannst, dann kommen welche mit einem 10 Euro Gutschein bei Spotify und hört viel rauf und runter. Da kann es auch schon mal 1000 Euro für das Label mit irgendeiner Band machen. Manche müllen die Szene auch zu, weil viele Musiker einfach das Geld ausgeht und sie da viele Alben und Projekte machen. Eine Newcomerband rechnet sich auch kaum, wenn man es niedrig ansetzt und für Studio und Promotion 5000 Euro veranschlagst, eine neue Band aber höchstens 500 Alben verkauft, zahlt ein Label immer drauf. Wenn eine Band vom Label dann das Angebot bekommt bei 1000 CDs selber 300 CDs zu kaufen, damit die auch live was zu verkaufen haben und eventuell dann auch mehr spielen finde ich das echt in Ordnung. Es gibt halt immer Leute die gedacht haben, dass sie nur eine CD aufgenommen haben und wollen dann nichts dafür machen.
Zurück zu Steel Prophet, wie kam es zu deinem Sängerposten, wieso ist der Rick wieder weg?
Ich habe das vorletzte Album von denen produziert. Der Rick Mythisian ist von heute auf morgen ausgestiegen, hat das auf seiner Webseite oder Facebook Seite veröffentlicht und war dann nicht mehr zu erreichen! Keine Ahnung was der hat, vielleicht Probleme mit sich. Das war auch immer das Problem mit dieser Band, dass dieser Sänger alle paar Jahre verschwunden war und wieder zurück, usw. Deshalb haben die auch nur alle drei bis fünf Jahre eine Scheibe gemacht. Die waren bis 2005 bei Nuclear Blast, da sind deren Scheiben gelaufen. Das war eigentlich die Power Metal Band aus Amerika der Stunde. Nachdem ich 2015 die Scheibe produziert habe, versuchte Steve was Neues auf die Beine zu stellen, fragte auch mich nach Sängen und eines Tages fragte er dann mich ob ich das machen kann. Ich hatte aber da zu viel im Kopf und wurde dann fast 10 x gefragt. Dann habe ich doch zugestimmt, aber habe auch gesagt, dass ich niemals dieses progressive Zeug spiele. Ich will Back To The Roots zu den alten Scheiben Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger. In den letzten Jahren sind die Verkäufe brutal zurückgegangen, die Scheiben wurden in den Kritiken zerrissen. Ich habe dann gesagt, dass ich die Songs noch mal durchgehen wollte mit ihm und auf drei bis vier Minuten kürzen will. Vor allem wollte ich von diesem US-Power Metal weg und zurückkommen mit einem Album was keiner erwartet, aber voll Metal!
Jetzt mal ganz ehrlich: Ich mag die Scheibe und würde auch sonst das Interview nicht machen, aber ohne Quatsch du drückst da schon sehr deinen Stempel auf. Bei einem Blindtest würden doch viele Mystic Prophecy erraten!
Da bist du jetzt einer der wenigen die das sagen, ich kann ja meine Stimme nicht ändern und mir zwei Stimmbänder raus schneidern und klingen wie Bon Jovi oder der Rick. Mal ehrlich: Klingen Priest wie „Defenders Of The Faith“ oder „Screaming For Vengeance“ oder Iron Maiden mit ihren ersten Scheiben. Man wollte auch keine Kopie von dem Rick haben!
Auf der mir noch nicht vorliegenden Scheibe scheinst du aber viele Credits zu haben, denn auf der Rock Hard CD ist ein Steel Prophet Song dabei und da stehst du mit deinem MP Gitarristen Evan u.a. als Songwriter drauf!
Die Band hatte neun Songs gehabt, was etwas wenig war. Dann habe ich noch was mit Steve gemacht und eine Nummer als wir im Studio waren mit meinem Gitarristen. Ich wollte was Schnelles und heftiges haben, was dann zu „The God Machine“ wurde. Eine Nummer die wie ich finde dem Album sehr gut tut. Heavy, Power Metal, sehr melodiös und mit einem Black Sabbath Touch. Mir war es wichtig dass die Scheibe abwechslungsreich und fett produziert ist. Wir haben auch eine Ballade an Bord. Diese Band hatte immer so einen furchtbaren Sound gehabt, ich bin ja selbst Fan und fand das immer schade. Warum kann man das nicht besser aufnehmen? Das würde der Gruppe so viel gebracht haben! Jede Demoband kann das heute auch besser hinbekommen mit ein paar Programmen oder im Studio.
Ich denke aber schon, dass du da schwer der Scheibe deinen Stempel aufgedrückt hast. Euer Label hat ja ein Quiz veranstaltet wo die Fans den Sänger raten sollten, mir war das Ergebnis direkt klar!
Ja, für dich! (lacht) Da wurde mit Namen geworfen wie James Rivera oder Jorn Lande. Um Gottes willen! Aber die klingen doch alle anders. Derjenige mit etwas Ahnung hört das halt direkt raus. Manche sind ja auch Klone die so brutal wie ihre Vorbilder klingen. Die haben so gute Stimmen und wollen dann immer wie ihre Helden klingen. Einen Klon wollte ich nicht sein und auch in keiner Band haben, den Rick Mythisian zu kopieren ist brutal schwer da der Knabe eine große Range hat, der ist ein begnadeter Sänger. Ich würde mich hüten diesen Mann zu covern. Die haben viele Sänger ausprobiert und alle haben so versucht wie Rick zu klingen, was auch nicht geklappt hat.
Willst du denn mit der Band auch live auftreten, Tournee und Festivals?
Why not? Man macht ja eine Platte nicht nur zum Spaß. Ich habe meine Frau auch nicht zum Spaß geheiratet. Ich werde die Band auch nicht im Stich lassen und wenn es Gigs gibt und es gibt auch viele USA Anfragen und wir müssen das Ganze auch mal sortieren was machbar ist. Gerade bin ich auch mit Mystic Prophecy im Studio. Dann kommt bald die neue Devil’s Train, so dass ich nicht 24, sondern 36 Stunden Tage brauche (lacht). Ich will jetzt nicht viel labern, ich habe in den letzten 19 Jahren 17 Longplayer gemacht.
Ich weiß das und habe auch schon einige davon. Viele Traditionalisten werden da aber auch mäkeln können: Anderer Sänger, anderer Stil und auch ein anderes Cover als sonst! Das ist mal richtig up to date! Ist das nun deine dritte Band?
Ja klar, ich habe da viel Geld und Zeit rein gesteckt. Ich war auch in Amerika die Songs arrangieren. Bin da mit so einer komischen Firma aus Polen von hinten Sibirien nach Finnland geflogen, dann das Album in Schweden gemischt und dann zurück in die USA um Videos zu drehen, für diese Scheibe bin ich zweimal um die Welt gejettet. Hatte danach Jetlags ohne Ende und musste daheim auch noch Arbeiten gehen. Habe danach das Cover mit Dushan gemacht, der auch Devil’s Train und Mystic Prophecy gemacht hat. Ich habe mir auch vorgestellt was da drauf kommen soll. Der Mensch spielt Gott in einer Kirche und versucht sich weiterzuentwickeln und 150-200 Jahre zu werden. Dabei wurde dieser Typ vom Cover halt erschaffen. Der Mensch verliert langsam seine Eigenschaften. Wir machen seit 500 Jahren dasselbe und der Mensch ändert sich nicht. Das Artwork ist echt old school und handgemacht. Nicht diese Fotoshop Kacke wo man sich zwei Bilder aus dem Internet kauft.
Stockfootage Cover der Sorte: Frau, Sonne, Mond mit Auto!
Nein, sowas wollte ich gar nicht. Das ist ja voll achtziger Jahre und altbacken. Die jungen Leute bei Spotify wollen auch noch was gut gemachtes sehen, was besser ist als so ein halbgares Zeug. Das Album soll sich auch verkaufen, damit die Band überleben kann, nicht zum Leben, aber als Band damit sie noch weitere Alben machen kann.
Ich muss dir aber schon sagen, dass Lieder wie „The God Machine“ „Soulhunter“ oder „Crucify“ sehr nach Mystic Prophecy für meine Ohren tönen! Du magst diese knappen Titel, sind die von dir?
Ja klar! Soulhunter sagen auch viele, dass klingt wie das Riffing von Maiden. Klar, „Fight Kill“ hat auch bissel Manowar drin. Aber es war gewollt das wir so eine Scheibe machen. Eine Nummer die mir sehr gut gefällt ist „Dark Mask“. Das ist schon sehr NWOBHM mit etwas Whitesnake drin. Wir haben die Progressivität der Lieder heraus geschraubt um die Lieder abwechslungsreicher zu machen. Ich stehe auch hinter dem Album voll und ganz, egal ob Promo Aktivitäten oder Livekonzerte. Ein paar Die Hard Fans der Band sagten mir dann, das sei nicht mehr die Band wie in den Achtzigern, aber wer weiß noch wie Steel Prophet damals geklungen haben? Das gibt auch die Technik nicht mehr her. Ich mache keine Musik mehr für Leute die zu 80 % sich zurückgezogen haben die damals vielleicht 20 waren. Jetzt versuchen wir mit der Band dann auch mal ein paar CDs zu verkaufen. Jetzt haben wir das 21. Jahrhundert und das ist halt was anderes. Die fünf Alben davor wurden alle zerfleischt und hat 90 % ihrer Verkäufe verloren. Wo waren denn alle die jetzt meckern?
Wahrscheinlich daheim vor dem PC!
