ADORNED GRAVES – Das Gold aus dem Fluss

Als eine der ganz großen Überraschungen 2020 darf sicherlich die Scheibe „Being Towards A River“ der Kaiserslauterer Band ADORNED GRAVES gesehen werden. Egal wer mit dieser Platte in Berührung kam, die Reaktionen der Hörer waren durch die Bank überschwänglich. Das abwechslungsreiche Songmaterial, das von traditionellem Stahl bis Thrash Metal reicht, ist wahrlich nicht arm an Höhepunkten. Sich zwei namhafte Sänger ins Boot zu holen, könnte dabei aber Fluch und Segen zugleich sein, denkt man eine zukünftige Livepräsenz. Drummer Deafon, im wahren Leben als Stefan Lang bekannt, stand uns Rede und Antwort. 

   

Hallo Stefan, euch gibt es ja schon etwas länger, trotzdem dürften viele unserer Leser ADORNED GRAVES bisher noch nicht kennen. Erzähl doch mal in ein paar Sätzen wer ihr überhaupt seid und seit wann es euch gibt.

Im Prinzip gibt es uns schon seit Anfang der 90er Jahre, da haben mein Bruder und ich stets zusammen gejammt und uns an den ersten eigenen Liedern probiert. Es gab auch hin und wieder Konzerte und private Demo-Aufnahmen aber so richtig ging es dann 2015 los, denn aus diesem Jahr stammt unsere Debut-EP „The Hand Of Death“. Einen bedeutenden Anteil daran hat Andreas Wormser an der Lead Gitarre, er ist seit knapp 10 Jahren als festes Mitglied dabei und für die Aufnahmen verantwortlich. Wir haben immer leidenschaftlich musiziert und unsere Haupteinflüsse stammen aus den 80er Jahren bis Anfang der 90er. Dabei bevorzugen wir vor allem die extremen und schnellen Spielarten (Thrash, Speed und Death Metal), sind aber nicht darauf beschränkt. Auf unserem aktuellen Werk „Being Towards A River“ bewegen wir uns mehr im traditionellen Heavy-Metal-Bereich, jedoch wird sich das vermutlich wieder ändern. Veruta am Bass ist inzwischen auch schon seit drei Jahren mit an Bord.

Stilistisch seid ihr ja nicht ganz leicht einzuordnen. Wo sind denn eure Wurzeln und welche Stilarten finden sich in dem heißen Gebräu eurer Musik?

Unsere Wurzeln liegen eindeutig im Metal der 80er Jahre. Musikalisch geprägt haben meinen Bruder und mich dann im Speziellen Bands wie Bloodgood, Deliverance, Believer, Tourniquet, Mortification oder Vengeance Rising. Allerdings hat sich unser Spektrum über die Jahre hinweg geweitet. Wir bezeichnen uns nach wie vor als Thrash Metal-Band. Das greift allerdings viel zu kurz und das sagen auch sämtliche Kritiker. Wir lieben einfach viele Spielarten und diese ziehen auch mehr oder weniger in unseren Gesamtsound ein. Ich stehe total auf harte und technische Riffs, mag aber auch Melodien, Groove und Hard Rock. Man kann sich bei uns nie genau darauf einstellen was kommt und muss dementsprechend auch etwas offen eingestellt sein. Auf dem neuen Album ist uns die Mischung gelungen und ich wundere mich selbst darüber, wie Hard Rock, Doom, Epic, Thrash, Death und Heavy Metal so nahtlos ineinander übergehen und funktionieren.

Die Reviews zu eurem aktuellen Werk „Being Towards A River“ überschlagen sich ja regelrecht. Hattet ihr mit solchen Resonanzen gerechnet?

Während der Aufnahmen kommt man irgendwann an den  Punkt, wo man merkt ob es einem gelungen ist, die Lieder ordentlich zu präsentieren. Wir haben oft das Problem, dass wir gesanglich unsere Vorstellungen nicht perfekt umsetzen können, gerade auch wegen unseren abwechslungsreichen Kompositionen. Als wir diesmal die finalen Versionen mit den Gastsängern hörten, waren das schon besondere Glücksmomente für uns und ehrlich gesagt denkt man im Laufe der Zeit schon, dass diese Lieder dann auch den ein oder anderen Metal-Fan begeistern könnten. Du sagst, dass die Resonanzen sich überschlagen – damit konnte man natürlich nicht rechnen, das ist außergewöhnlich und den Moment genießen wir.

 Auch ich muss sagen, dass ich den Vorgänger gut, aber nicht weltbewegend fand und bereits beim ersten Durchlauf völlig geflasht von der neuen Scheibe war. Geile Intros bekommt ja mittlerweile jede Band hin, aber schon der Opener „Killing Shadows Black“ hat mich hypnotisiert. Ich habe direkt an die geilen Metallica-Opener in den 80ern denken müssen. Und dann ging es einfach so weiter. Jedes Lied stilistisch anders, aber ein Volltreffer jagt den anderen.

Zu unserem Vorgänger würde ich gerne ergänzen, dass nicht alles darauf völlig ausgegoren ist und wir mehr von unserem eigentlichen, härteren Stil präsentieren. Manchmal kann eine gewisse Stilart sowie die Fülle eines Albums für den Hörer auch herausfordernd sein. Mir persönlich gefallen viele Momente und vor allem ‚Adorned Graves‘, ‚Psalm 88‘ und ‚Source Of Life‘ nach wie vor gut. Dass du vom neuen Album ‚Killing Shadows Black‘ erwähnst, freut mich sehr, denn dieser Song definiert die Adorned Graves am besten und so etwa klingen wir auch im Proberaum. Dann hatten wir auf „Being Towards A River“ das Ziel, die Songs eingängiger und fließender zu gestalten und dabei abwechslungsreich und etwas traditioneller zu klingen. Letztlich war die Herangehensweise an die einzelnen Songs eine unterschiedliche, jedoch immer mit demselben und entsprechenden Eifer.

 Ein Winner der Scheibe ist sicherlich der überragende Gesang eurer Gäste Dale Thomson (Bride) und Herbie Langhans (Radiant, Avantasia). Dein Bruder Cailen wuchtet den Opener und die restlichen Songs teilen sich die beiden Gäste. Wie und warum kam es denn zu dieser Zusammenarbeit?

Wir machen uns stets viele Gedanken um den Gesang und wegen der musikalischen Vielfalt ist es schwierig, DEN passenden Sänger für Adorned Graves zu finden (Anmerkung: Wir steuern zwischendurch unseren Gesang bei, wenn es stilistisch passt. Cailen singt bei ‚Effervescent Torrent‘ das Duett in der schnellen Passage mit Dale Thompson sowie den Schluss und der derbe Gesang von ‚United Reliance‘ stammt von mir). Zumindest fällt mir spontan keiner ein, der alle Lieder optimal präsentieren könnte. Diesmal ist es uns gelungen, zwei ganz dicke Fische an Land zu ziehen und womöglich besteht hier auch weiterhin eine Zusammenarbeit. In dieser Hinsicht hilft das Internet enorm. Die Idee zu beiden kam zustande, da sie einfach Idole unserer Jugend sind und Herbie Langhans habe ich bereits auf seinen ersten Livekonzerten bewundern können. Ich habe seine erste Veröffentlichung als Vinyl (The Preachers) im Regal stehen und bin großer Fan vom ersten 7th Avenue Demo („First Strike“, 1993). Dale Thompson hing damals als Poster in unserem Probenraum und für „Snakes In The Playground“ (1992) wurden Bride von der kompletten Fachpresse gefeiert.

Von allen Rezensenten wird immer wieder „Rheingold“ als die Übernummer des Albums bezeichnet. Auch für mich stellt dieses musikalische Monument einen der bestens Songs des gesamten Jahres 2020 dar. Dachtest du dir bereits im Studio, dass euch hier etwas ganz Besonderes gelungen ist oder ist man sich als Künstler da sehr unsicher?

 

Wie bereits oben erwähnt, kann man das schon etwa abschätzen. Die Komposition stammt von meinem Bruder und Dale Thompson bringt sie zum Glänzen. Er hat damit recht behalten, als wir ihm das Lied sendeten war seine Reaktion: „I will make a monster out of it!“

Ihr habt als Band einen christlichen Hintergrund, den ihr aber nicht offensiv präsentiert. Gleichwohl bedeuten euch die Texte sicherlich sehr viel und es mangelt nicht an biblischen Bezügen. Auch im Booklet ist viel Symbolik zu entdecken, die dem ein oder anderen sehr rätselhaft vorkommen dürfte.

Cailen macht sich sehr viele Gedanken um ein textliches Konzept. Ich finde es super, dass wir in diesem Bereich auch Abwechslung bieten und wer möchte, kann sich damit auseinandersetzen. Wie du sagst, gehen wir damit nicht offensiv um, sondern wollen eher die Leute die sich dafür interessieren inspirieren. Die Bibel ist dabei kein Lehrbuch, sondern Quelle uralter Menschheits- und Lebenserfahrung. Was die Welt im Innersten zusammenhält, kann man unserem Verständnis nach nur symbolisch ausdrücken. Letztendlich ist alle Kunst auch jedes Mal etwas rätselhaft und will interpretiert werden. Unser Glaube ist uns sehr wichtig und fließt aus diesem Grund ganz natürlich in die Musik mit ein. Es dreht sich dabei stets um die urmenschlichen Fragen: „Wer bin ich? Was sind meine Wurzeln? Wo gehen wir hin?“ Daneben sind wir ganz normale, manchmal vielleicht auch etwas verrückte Metal-Fans und wollen nicht in eine bestimmte Schublade gezwängt werden.

Being Towards A River“ ist eine Eigenproduktion und hat wohl auch dadurch schon Startnachteile, denn die großen Magazine haben bisher kaum Notiz von euch genommen und so droht dieses Meisterwerk unterzugehen, ohne dass die Masse der Metal-Fans überhaupt die Chance hat, davon Notiz zu nehmen. Habt ihr keine Plattenfirma angefragt oder wollt ihr lieber Herr über eure Musik sein, auch wenn sie dadurch am Ende viel weniger Menschen erreicht.

Das ist eine gute Frage. Wenn man die Rückmeldungen hört und Kritiken liest, fragt man sich schon, wieso es nicht zu mehr Aufmerksamkeit führt. Wir agieren eher eigenständig, womit man nicht gleich beim breiteren Publikum landet und wir sind auch nicht die einzige Kapelle da draußen. In Sachen Werbung und Öffentlichkeitsarbeit hätten wir womöglich Nachholbedarf. Somit braucht es Fans wie dich, die auf dem Laufenden sind, was aktuelle Veröffentlichungen angeht und die sich vor allem auch mit unbekannteren Acts beschäftigen. Letztlich freuen wir uns darüber, dass wir alles selbst gestemmt haben und die CD so gut gelungen ist. Vielleicht müssen wir noch zwei, drei weitere Alben von dieser Qualität veröffentlichen.

Wie könnte denn eine musikalische Umsetzung der Scheibe erfolgen, wenn Konzerte irgendwann in diesem Jahr mal wieder möglich sind. Siehst du eine Chance mit den Gästen, dazu gehört auch noch Ruth Börner Staub, überhaupt ein paar Shows hinzubekommen?

Tatsächlich gab es bereits eine konkrete Anfrage, gemeinsam mit Dale Thompson aufzutreten. Das wäre ein Traum aber nicht nur aufgrund von der aktuellen Situation schwierig umzusetzen. Wir sind keine Band, die viele Konzerte spielt und der Aufwand wäre enorm. Früher haben wir als 3-Mann-Formation einfach mit jeder Menge Spaß und Energie drauf los gespielt aber mit der aktuellen Scheibe haben wir die Messlatte für Livekonzerte sehr hoch gelegt. Es wäre vieles denkbar aber momentan sind diese Gedankenspiele leider unrealistisch.

Du bist ja selbst nicht nur Musiker, sondern auch Veranstalter im Juz Kaiserslautern und großer Metal-Fan. Mit welcher Band würdet ihr denn gerne touren, wenn es möglich wäre, welche Band würdest gerne einmal im Juz haben und welches Festival magst du persönlich am liebsten?

Als Veranstalter waren die „Juz Allstar“-Konzerte mit über 40 Musiker/innen stets Höhepunkte. Momentan wäre eine Tour mit WYTCH HAZEL ein Traum und in der Fantasie würde einem noch so einiges mehr einfallen. Die Konzerte und Festivals fehlen aktuell natürlich sehr und man schwelgt in Erinnerungen an das NOAF-Festival, Graspop und so vielen mehr. Es gibt zahlreiche große und kleine Veranstaltungen, die sich immer gelohnt haben und wo man ordentlich zusammen feiern konnte und an dieser Stelle ist natürlich auch die „Headbangers Night“ in Konken zu nennen.

 Abschließend stellt sich die Frage, was eine Band wie ADORNED GRAVES, die kaum Shows spielt und schon gar kein Geld mit ihrer Musik verdient, am Leben hält. Ist es am Ende nur die bedingungslose Liebe zum Metal?

So ist es! Die Liebe zum Metal sowie die Freundschaften und die Möglichkeit, kreativ zu sein.

 In diesem Sinne alles Gute für euch und vielen Dank für dieses Meisterwerk.

Vielen Dank Matthias!

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Heavy Metal is Immortal!