GALYA BISENGALIEVA : Die verheerenden Folgen des Knalls im Nichts

Am 20.10. veröffentlicht die kasachisch-britische Künstlerin GALYA BISENGALIEVA ihr zweites Studioalbum „Polygon“ bei One Little Independent / Bertus Musikvertrieb auf CD und LP. Wie schon bei ihrem Debütalbum „Aralkum“ aus dem Jahr 2020 greift die Weltklasse-Geigerin und Komponistin auf Geschichten aus ihrem Heimatland Kasachstan zurück.

Während „Aralkum“ sich mit der langsamen Austrocknung des Aralsees beschäftigte, wird auf „Polygon“ ein ebenso düsteres Bild gezeichnet: Es geht um das Atomwaffentestgelände Semipalatinsk mitten in der weiten Steppe Kasachstans, auf dem die Sowjetunion über knapp 40 Jahre bis 1989 insgesamt 496 Atomwaffen zündete und seine Folgen. GALYA fängt diese dystopische Stimmung ein und zeichnet mit ihrer elektrisch manipulierten Geige das düstere Bild ‚Polygons‘ nach.

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GALYA stammt aus einer Musikerfamilie; ihre Mutter spielte als Cellistin im nationalen Symphonieorchester Kasachstans, ihr Vater war dort Orchesterleiter. Galyas Großvater spielte das türkische Volksinstrument Dombra und war einer der ersten Musiker, die während der Sowjetära auf Schallplatte aufgenommen wurden. Vor 1991 war GALYAs Familie so arm, dass sie für Brot Schlange stehen mussten und oftmals hungrig nach Hause gehen mussten. Ihr Weg aus dieser Armut begann mit dem Gewinn eines Stipendiums an der Royal Academy, wo sie Geige studierte. Später setzte sie ihr Studium am Royal College of Music fort. Inzwischen ist sie Leiterin des London Contemporary Orchestras, das mit vielen international bekannten Namen kollaboriert, wie zum Beispiel Radiohead oder Frank Ocean. Oftmals wird das Orchester auch für Filmmusiken gebucht. So zum Beispiel beim deutschen Film „Im Westen Nichts Neues“, der den Oscar für die beste Filmmusik bekam.

„Polygon“ ist der Name den, die Bevölkerung dem Atomwaffentestgeländes Semipalatinsk im Nordosten Kasachstans gegeben hat. Dort wurden von 1949 bis zum Zerfall der Sowjetunion Atomwaffen getestet. Es gibt dort kaum Vegetation, die karge Steppe zieht sich über den gesamten Nordosten des Landes. Der nächst größere Ort ist Semei, etwa 200 Kilometer entfernt. Auf dem Gelände Semipalatinsk wurden insgesamt 496 Atomwaffen gezündet, deren Sprengkraft ca. 2500 Hiroshima-Bomben entsprechen. Die Strahlenbelastung übersteigt dort auch heute noch die des Atomkraftwerks Tschernobyl in der Ukraine. Die Folgen Tschernobyls für die Bevölkerung sind gut dokumentiert. Ganz im Gegenteil, die Folgen von Polygon: Die Sowjetunion hat diese vertuscht und heute weiß niemand, wieviele Menschen durch die bei den Tests freigesetzte Strahlung erkrankten oder starben. Die Regierung verlangt teure und schwer zu bekommende Nachweise, dass Krankheiten mit dem Atomtestareal zusammenhängen. Auch heute noch werden in dieser Region viele Kinder mit Gendefekten geboren, die aus den Atomwaffentests resultieren.